Unfälle und gesundheitliche Notfälle können auch bei Pferden plötzlich auftreten – sei es auf der Weide, im Stall oder während des Trainings. In solchen Situationen ist es wichtig, als Pferdebesitzer Ruhe zu bewahren und die grundlegenden Erste Hilfe Maßnahmen zu kennen. Ob kleinere Verletzungen, akute Koliksymptome oder plötzliche Lahmheit: Eine schnelle, richtige Reaktion kann das Wohl des Pferdes entscheidend beeinflussen, bevor der Tierarzt eintrifft. In diesem Artikel erklären wir die wichtigsten Schritte und Vorbereitungen, die jeder Pferdehalter kennen sollte, um im Ernstfall sicher handeln zu können.
Inhalt
Toggle1. Erste Hilfe-Ausrüstung: Die Basics
Jeder Pferdestall sollte über eine gut bestückte Erste-Hilfe-Box verfügen. Diese sollte an einem leicht zugänglichen Ort aufbewahrt werden und regelmäßig überprüft werden, damit alle Utensilien vollständig und verwendbar sind. Zu den Grundbestandteilen gehören:
- Sterile Kompressen und Verbandsmaterial
- Wunddesinfektionsmittel
- Eine scharfe Schere und ein Hufauskratzer
- Ein Thermometer (idealerweise digital) zur Fiebermessung
- Ein Stethoskop zur Überprüfung der Darmgeräusche
- Elastische Binden und Haftverbände
- Handschuhe, um Wunden hygienisch zu versorgen
Eine vollständige und funktionierende Erste-Hilfe-Box ermöglicht es, im Notfall schnell und effektiv zu handeln. Ergänzen Sie diese regelmäßig und ersetzen Sie abgelaufene Produkte, damit Sie im Ernstfall optimal ausgestattet sind.

2. Die richtige Vorbereitung: Ruhe bewahren und beurteilen
In einer Notfallsituation ist der erste Schritt, die eigene Ruhe zu bewahren. Pferde sind sensibel und reagieren auf die Stimmung ihres Halters. Ein ruhiges und entschlossenes Verhalten hilft, das Pferd zu beruhigen und unnötigen Stress zu vermeiden.
Beurteilen Sie die Situation sorgfältig: Ist das Pferd verletzt oder zeigt es Krankheitsanzeichen wie starkes Schwitzen, ungewöhnliche Atmung oder Unruhe? Beobachten Sie die Vitalzeichen:
- Puls: Ein normaler Ruhepuls liegt bei etwa 28-44 Schlägen pro Minute. Messen Sie ihn an der Unterseite des Unterkiefers oder der Fesselbeuge.
- Atmung: Die Atemfrequenz eines gesunden Pferdes beträgt 8-16 Atemzüge pro Minute. Achten Sie auf gleichmäßige und ruhige Atmung.
- Temperatur: Die normale Körpertemperatur liegt zwischen 37,5 und 38,5 Grad Celsius. Abweichungen nach oben oder unten können auf eine Infektion oder andere gesundheitliche Probleme hindeuten.
Diese Basiswerte sind eine wichtige Orientierung und sollten regelmäßig auch in ruhigen Zeiten überprüft werden. So können Sie im Notfall schneller erkennen, ob eine Abweichung vorliegt.

3. Wunden und Verletzungen versorgen
Kleinere Schnitte oder Abschürfungen kommen bei Pferden häufiger vor. Auch wenn diese Wunden oft nicht lebensbedrohlich sind, sollten sie umgehend gereinigt und geschützt werden, um Infektionen zu verhindern:
- Spülen Sie die Wunde vorsichtig mit sauberem Wasser oder einer Wundspüllösung aus.
- Desinfizieren Sie die Wunde mit einem geeigneten Wundspray oder -gel.
- Decken Sie die Verletzung mit einer sterilen Kompresse ab und fixieren Sie diese mit einem Verband oder einer elastischen Binde.
Bei tieferen oder stark blutenden Wunden sollte der Tierarzt so schnell wie möglich hinzugezogen werden. Bis zum Eintreffen des Tierarztes können Sie durch leichten Druck mit einem sterilen Verband helfen, die Blutung zu kontrollieren.
4. Lahmheit und Verstauchungen
Plötzliche Lahmheit oder Schwellungen an den Beinen können auf eine Verstauchung, Prellung oder Überbelastung hinweisen. Die Erstversorgung zielt darauf ab, Schmerzen zu lindern und eine weitere Schädigung zu vermeiden:
- Stellen Sie das Pferd ruhig und vermeiden Sie weitere Bewegung.
- Kühlen Sie die betroffene Stelle, um Schwellungen zu reduzieren. Dies kann mit kaltem Wasser aus dem Schlauch oder speziellen Kühlbandagen erfolgen.
- Kontaktieren Sie den Tierarzt, wenn die Lahmheit anhält oder die Schwellung zunimmt.
Frühes Handeln kann verhindern, dass aus einer scheinbar kleinen Verletzung eine langwierige Erkrankung wird.
5. Erste Hilfe bei Kolikverdacht
Koliken sind eine der häufigsten und ernsthaftesten Gesundheitsprobleme bei Pferden. Die Symptome können variieren, beinhalten jedoch oft Unruhe, Scharren, häufiges Hinlegen und Aufstehen, Schwitzen oder das Anschauen der Flanken. Bei einem Kolikverdacht sollten Sie:
- Das Pferd in einer ruhigen Umgebung halten und es nicht füttern.
- Die Vitalzeichen überprüfen, um dem Tierarzt genaue Informationen liefern zu können.
- Bewegung in Maßen zulassen, wenn das Pferd sich hinlegen möchte, aber ständiges Wälzen vermeiden.
Rufen Sie umgehend den Tierarzt. Versuchen Sie nicht, eigenmächtig Medikamente zu verabreichen, es sei denn, der Tierarzt hat dies vorher ausdrücklich erlaubt.

6. Vorbeugung: Erste Hilfe als Teil des Alltags
Die beste Erste Hilfe beginnt vor dem Notfall. Indem Sie regelmäßig Gesundheitschecks durchführen, auf sichere Haltung achten und die Fütterung sorgfältig überwachen, reduzieren Sie das Risiko von Verletzungen und Krankheiten. Zudem ist es ratsam, einen Erste-Hilfe-Kurs speziell für Pferde zu besuchen. Hier lernen Sie, wie man die Vitalzeichen korrekt misst, Verbände anlegt und auf verschiedene Notfallsituationen vorbereitet ist.
Je besser Sie auf Notfälle vorbereitet sind, desto sicherer können Sie handeln. Auch das Anlegen einer Checkliste mit den wichtigsten Telefonnummern – Tierarzt, Hufschmied, Notfallklinik – hilft, im Ernstfall wertvolle Zeit zu sparen.
Fazit: Schnelles und sicheres Handeln schützt Ihr Pferd
Erste Hilfe für Pferde ist eine unverzichtbare Fähigkeit für jeden Pferdehalter. Indem Sie sich mit den Grundlagen vertraut machen und die wichtigsten Maßnahmen einüben, können Sie Ihrem Pferd im Notfall helfen und möglicherweise schwerwiegende Folgen verhindern. Eine gut ausgestattete Erste-Hilfe-Box, regelmäßige Kontrollen der Vitalzeichen und die Zusammenarbeit mit Ihrem Tierarzt bilden die Grundlage für die Gesundheit und Sicherheit Ihres Pferdes. Im Ernstfall kommt es auf Ihre Vorbereitung und ruhige Handlungsweise an – und darauf, immer im Sinne des Pferdes zu handeln.